Dr. Game

Datum: 

Freitag, 21. Mai 2010

Flensburger Journal

FH-Studiengang Medieninformatik

Hanno Bruns (25), Sebastian Schmidt (27) und Malte Müller (25) sind auf gutem Wege, ihr Hobby zum Beruf zu machen, geadelt mit einem wissenschaftlichen Titel, dem Bachelor of Science. Ihre berufliche Zukunft? Spielen!

Ob Strategie-, Brett- oder Computerspiele – die drei Studenten der Fachhochschule Flensburg sitzen vor ihren Computern, kämpfen und Points, Scores und Rankings, ohne schlechtes Gewissen haben zu müssen, beim „Daddeln“ erwischt zu werden. Ganz im Gegenteil. Prof. Knut Hartmann vom Institut für Medieninformatik animiert seine Studierenden zu „spielerischen“ Höchstleistungen. Was spielerisch wirkt, hat einen wissenschaftlich, pädagogischen Hintergrund. Die FH entwickelt sich mehr und mehr zur „Kaderschmiede“ der modernen Medienindustrie.

„Film- und Spieleentwicklung wachsen immer mehr zusammen“, sagt Hanno Bruns, Student im fünften Semester. Die gängigen Kino- „Blockbuster“ bis hin zum 3D-Megafilm „Avatar“ sind eine geschickte Verknüpfung von Realaufnahmen und Computersimulationen. Umgekehrt fließen in gängige Computerspiele Realsequenzen ein, zumindest sollen sie real wirken. Schauspieler und ihre elektronischen „Klone“ sind (fast) nicht mehr zu unterscheiden.

Computergrundlagen, Programmierung, aber auch die künstlerische Gestaltung, Grafik und Animation gehören zu dem auf sieben Semester ausgelegten Studiengang. Jetzt, im fünften Semester, gehen die Medieninformatikstudenten zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. im „Modul 1“ in der Roten Straße 17 lassen sie sich beim „Game Design“ über die Schultern schauen.

Hanno Bruns präsentiert nicht ohne Stolz sein Strategiespiel „Kapern“. Für einen Moment vergießt er, dass er hier eine studentische Arbeit vorstellt. Am liebsten würde er jetzt den Besucher zur einer Spielrunde herausfordern. Aber der ist neugierig auf weitere, nicht nur spielstrategisch, sondern auch gestalterisch vorzeigbare Arbeiten. An ihnen wird die Vernetzung von technischer und gestalterischer Kompetenz deutlich. Das wird den erfolgreichen Studienabgängern in der wachsenden Medienindustrie die Türen öffnen und vielen von ihnen mehr als nur eine „Job“ verschaffen.

Mit der Präsentation in der Flensburger Innenstadt sollen neue Studierende für den Studiengang „Medieninformatik“ an der FH gewonnen werden, ein Studium – noch - ohne Numerus Clausus. Prof. Hartmann hat während des vergangenen Semesters seine Studenten hart rangenommen. Er kennt den Bedarf, aber auch den knochenharten Markt, auf dem seine „Spieler“ sich bewerben und bewähren müssen.

Spiele entwickeln ist kein Spiel. Das haben die Studierenden in dieser vergleichsweise kurzen Zeitspann erfahren: Entwickeln, testen, verändern, weiterentwickeln – und das in einer ständigen Rückkopplung, bis zum perfekten Produkt. Dieses Vorgehen trainiert nicht nur die Spieleentwicklung, sondern steht stellvertretend für alle industriellen und handwerklichen Prozesse. Der Spaßfaktor ist Teil des Trainings an der FH. „Spiele kann man nur durch Spielen testen“, sagt Prof. Hartmann. Durch öffentliche Spieletests mussten sich die Studenten der Kritik Unbeteiligter stellen. Am Ende stand ein Ergebnis, aber noch nicht der Erfolg. Die letzte Hürde bildete ein weiterer Ausbildungsschritt: die Präsentation.

Damit nahm er sich einer international bekannten deutschen Schwäche an: die Top-Ingenieur- und Wissenschaftsleistungen zu vermarkten, Geldgeber und Entscheidungsträger von einer Entwicklung zu begeistern, vom Modell zum Marktprodukt zu gelangen und erfolgreich „an den Mann zu bringen.“ Das uben die Studenten beim „Fahrstuhl Pitch“. Prof. Hartmann erklärt den Begriff aus der Marketingsprache: „Versuche einen Entscheider während der Fahrt im Fahrstuhl zwischen der ersten und der dritten Etage für dein Projekt zu begeistern“. Das erinnert an Szenen aus amerikanischen Filmen im Business Millieu. Aber Recht hat er. Wenn man in wenigen Sätzen das Wesentliche einer Idee nicht „rüber bringen“ kann, fehlt ihr der zündende Funke und das Projekt wird es auch in Zukunft schwer haben, auf dem Markt zu bestehen.

Bei den vorgestellten Spielen sprang der Funke gleich mehrfach über. Der Dozent war begeistert von der Leistung seiner Studenten. Nicht nur kritische Kommilitonen, auch eine Jury, besetzt mit professionellen Spieleentwicklern, nahmen sich die Arbeiten unter die Lupe und wurde fündig. Die Kriterien für die Bewertung definiert Prof. Hartmann unter anderem so: „Spielmechanik, Design und nicht zu vergessen, der ‚Suchtfaktor’.“

Diese Brettspiele kamen aufs Treppchen: „Endlich Ferien“ von Manuela Noe, „Tortuga“ von Philipp Bornstedt, Hauke Mettendorf und Marcel-Alexander Zons sowie „Kapern“ von Hanno Bruns, Willi Kampmann und Benjamin Vogler, „M-arrr-lefiz!“ von Merle Andresen, Christoph Carstensen, Lars Hoffmann, Christian Joppien, Tim Miller und „Defence of the Ancients“ von Thomas Christiansen, Thorsten Christiansen. Bei den „Casual Games“, den elektronischen Spielen, glänzten „Shapes“ von Torben Schulz, „Tortuga“ (in der Computerversion) von Philipp Bornstedt, Hauke Mettendorf, Marcel Zons, „Immune Defence“ von Hanno Bruns, Benjamin Vogler, Willi Kampmann, „Kuggeln“ von Eugen Blatz, Benjamin Harms, Steffi Schönfeld, Thomas Wetjen und „Slurpee Rush“ von Merle Andresen, Christoph Carstensen, Lars Hoffmann, Christian Joppien, Tim Miller.

Der Wettbewerb bekam jetzt auch einen Namen: „Float-Award 2010“ und ist bestimmt nicht die letzte „Show“ der Flensburger FH-Medieninformatik-Studenten und ihrer Dozenten.

Autor: 

Dieter Wilhelmy